Wie steht es um die weltweite Vernetzung von Organisationen im interreligiösen Dialog?
Diese Frage war der Ausgangspunkt für die Netzwerkstudie zum interreligiösen Dialog (IRD). Die Untersuchung wurde von der internationalen Organisation Porticus beauftragt, welche mit Projekten und Organisationen zum interreligiösen Dialog viele Jahre an Erfahrung mit sich bringt. Derzeit besteht aber eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Vernetzung und des Ausmaßes an Zusammenarbeit zwischen Akteuren des interreligiösen Dialoges.
Um zu verstehen, wie vernetzt das Feld des interreligiösen Dialoges ist, führte FASresearch 134 Interviews mit Expert*innen des interreligiösen Dialogs aus 45 Ländern rund um den Globus durch. In den Gesprächen berichteten die Befragten über ihre Erfahrungen und ihr Fachwissen zum interreligiösen Dialog und nannten andere IRD-Organisationen, die sie als besonders relevant erachten. Diese Nominierungen führten zu einem umfangreichen Netzwerk bestehend aus 831 Organisationen in 96 verschiedenen Ländern.
Das Netzwerk des interreligiösen Dialoges
- Das Netzwerk (das Sie hier finden können) kann als single-peaked und stark zentralisiert beschrieben werden: Anstelle mehrerer Zentren hat das Netzwerk einen einzigen Kern mit wenigen, sehr sichtbaren und prestigeträchtigen Organisationen.
- Die Organisationen in der Semiperipherie des Netzwerks sind in eigene stabile „communities“ oder Subcluster eingebettet, die direkt oder indirekt mit dem Zentrum verbunden sind.
- Die Subcluster sind in erster Linie geografisch definiert: Es lassen sich französische, britische, kenianische, bosnisch-kroatische und lateinamerikanische Cluster ausmachen. Die Organisationen der Semiperipherie sind also vor allem in ihren regionalen oder lokalen Gemeinschaften verankert, und fokussieren sich nicht etwa auf bestimmte Themen. Allein der Cluster der europäischen Akademiker sticht als länderübergreifend hervor.
Mittel zum Zweck
Bei Gesprächen über die Absichten des interreligiösen Dialogs wurde deutlich, dass viele Aktivist*innen den interreligiösen Dialog als Mittel zum Zweck betrachten: Interreligiöser Dialog ist nicht so sehr eine Auseinandersetzung zwischen Religionen über Religion, sondern ein Bereich, in dem Menschen ihre religiösen Ressourcen zu nutzen versuchen, um soziale Veränderungen herbeizuführen. Während nur knapp 10 % der Befragten den interreligiösen Dialog als eine Möglichkeit betrachten, sich in theologischen Debatten zu engagieren, beabsichtigen die meisten Organisationen damit spezifische Probleme zu lösen und gesellschaftspolitische Herausforderungen zu bewältigen, wie z. B. die Schaffung von Frieden (45 %), die Bekämpfung von Hass wie Antisemitismus, antimuslimischen Ressentiments und Rassismus (19 %) und die Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses (35 %). Ganz im Sinne dieser Selbsteinschätzung sehen die Befragten das themenbezogene Engagement als die wichtigste Möglichkeit der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen.
Good News
Für eine internationale Organisation wie Porticus, die Bemühungen im interreligiösen Dialog mit dem Ziel begleitet, einen Beitrag zu Menschenwürde, sozialer Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zu leisten, hat diese Netzwerkstudie einige "good news" geliefert: Das IRD-Netzwerk ist stark und stabil und verfügt über einige etablierte Akteure, ist aber auch in der Lage, "Newcomer", also junge bzw. neugegründete Organisationen zu integrieren.