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Kann Immobilienentwicklung einfühlsam sein?

Konflikte bei Bauvorhaben und Stadtentwicklungsprozessen sind oft vorprogrammiert. Die Interessen von Immobilienentwickler:innen, Anrainer:innen und Politik klaffen mitunter weit auseinander. Der Grund dafür liegt meist ganz am Anfang, wenn verabsäumt wird die unterschiedlichen Interessen der Stakeholder in Erfahrung zu bringen und die Make-or-Breaks für das Gelingen oder Misslingen aufzuspüren.

Werden Sorgen und Anliegen von Bürger:innen nur oberflächlich oder gar nicht wahrgenommen, gehen die Wogen schnell hoch. Das zeigt beispielsweise der Verlauf eines geplanten Hotelprojekts am Toscanapark in Gmunden. Grund für den lautgewordenen Unmut ist nicht etwa das Hotel, das entstehen soll. Das ist sogar mehr als erwünscht, denn derzeit steht Gmunden bei den Nächtigungen im Oberösterreichvergleich nur an 15. Stelle und hinkt hinter Bad Ischl und St. Wolfgang weit hinterher. Das neue Hotel wird das benachbarte Kongresszentrum ergänzen und damit den Tourismus weiter ankurbeln. Nein, Grund für die Aufregungen ist der geplante Hotelparkplatz. Dieser bedroht ein unberührtes Waldstück, das bis dato ein Naherholungsgebiet mit öffentlichem Seezugang für die Gmundner:innen war. Die Politik steht jetzt unter Rechtfertigungsdruck. Auf der Seite der Planenden und Ausführenden herrscht bestenfalls Abwehrhaltung bzw. Schweigen. Der Standard berichtete ausführlich.  

Aber Immobilienentwicklung kann auch einfühlsamer, Stadtentwicklung kann auch anders.

Der Trick: Werkzeuge zu wählen, die einen strukturierten, analytischen und unaufgeregten Prozess in Gang setzen, wie zum Beispiel das Netzwerk-Mapping der FASresearch. Damit lassen sich neue Wege in der Stadtentwicklung erkennen und beschreiten. Einen dieser neuen Wege hat SORAVIA bei der Entwicklung des Neuen Seeviertels in Gmunden eingeschlagen. Bereits lange vor Start der Umsetzung des Projektes setzte sich SORAVIA eingehend mit den Gegebenheiten vor Ort und den Bedürfnissen der Anrainer:innen, zukünftigen Nutzer:innen und anderen Interessensgruppen auseinander. Seit 2019 und auch in diesem konkreten Fall unterstützt durch die die Werkzeuge der FASresearch.

Das Seeviertel blickt auf eine durchwachsene Entwicklungsgeschichte zurück. 2021 hat SORAVIA das Steuer übernommen und plant die Belebung des Stadtteils mit einem 4-Sterne Superior Hotel, Wohnungen und Geschäftsflächen.

Im Zuge des Planungsprozesses beauftragte SORAVIA uns (FASresearch) mit einem Netzwerk-Mapping. In rund 30 Tiefengesprächen mit Anrainer:innen, Politik, Stadtverwaltung, Tourismus-, Gastronomie-, Handelsvertreter:innen und weiteren Interessensgruppen wurden die Stimmungsbilder der Gmundner Bevölkerung eingefangen und zu Strategieempfehlungen verarbeitet. Die Perspektiven geben Aufschluss, welche Erwartungen, Wünsche, Sorgen und Befürchtungen mit der Entwicklung des Seeviertels verknüpft sind. Gleichzeitig wird eine Brücke des Engagements zu den wichtigen Interessensgruppen geschlagen.

Im Vorfeld des Entstehungsprozesses konnten damit die folgenden unterschiedliche Stimmungen und Bedürfnisse erfasst, anonymisiert an SORAVIA zurückgespielt und im weiteren Projektverlauf berücksichtigt werden.

  1. Die Gmundner:innen stehen der Entstehung des Hotels mit 240 Betten, Wohnungen mit 80% Hauptwohnsitzanteil und Wohnungen für die aktiven und anspruchsvollen „Best Agers“ sehr positiv gegenüber.
  2. Von Seiten der Gmundner Innenstadtgastronom:innen und Händler:innen ist keine das Geschäft schmälernde Konkurrenzangst, sondern vielmehr Freude auf die erwartete Bereicherung und Belebung für die ganze Stadt spürbar.
  3. Die Befürchtungen des Verlustes des öffentlichen Seezuganges und eines zu exklusiven Angebotes, das weniger kaufkräftige Nutzer:innen ausschließen könnte, sowie die Ablehnung zu starker Bodenversiegelung mit dem Verlust von Grünflächen.

Die soziale Netzwerkanalyse zeigt bei der Entwicklung des Neuen Seeviertels Gmunden beispielhaft was möglich ist: Friktionen im Bauentwicklungsprozess, Missverständnisse und Unzufriedenheiten können frühzeitig erkannt werden. Damit wird dem Verhärten der Fronten zwischen Bauträger:innen, Anrainer:innen und zukünftigen Nutzer:innen vorgebeugt. Zuhören, Verstehen und Ernstnehmen schafft für die Beteiligten und Betroffenen ein Klima der Wahrnehmung und des Respekts.